BESTER DOKUMENTARFILM
Spurensuche - Deutsches bei den 44. Hofer Filmtagen
Hof, hat Wim Wenders mal gesagt, heißt „Home Of Films“. In diesem Jahr gab das traditionsreiche Festival dem Nachwuchs und den Dokumentaristen eine Heimat
Von Rudolf Worschech
Man identifiziert die Hofer Filmtage immer mit dem Spielfilm, aber die Gewichte haben sich längst verschoben: in diesem Jahr machten Dokumentarfilme einen großen Teil des Programms, rund ein Drittel, aus. Als herausragend erwiesen sich zwei Filme, weil sie jeder auf seine Weise, insistierten. In „Feindberührung“ lässt Heike Bachelier zwei Männer nach einer längeren Zeit aufeinandertreffen. Der eine war in der DDR ein Rebell, glaubte zwar an den Marxismus, wollte das aber auch mit anderen diskutieren, in der Evangelischen Studentengemeinde in Magdeburg. Der andere war Mitarbeiter der Staatssicherheit, ein Spitzel, wenn auch aus Überzeugung – und der Freund des anderen. Bachelier lässt die beiden gegenseitig die Texte der Stasi vorlesen und darüber reden.
„Feindberührung“ ist nicht nur ein Ausflug in den Untergrund der DDR, sondern auch eine erstaunlich kluge Reflexion über Loyalität und Freundschaft. Denn die Berichte des IMS „Hans Kramer“ führten zu vielen Monaten Gefängnisaufenthalt, und es ist berührend, wie die beiden älteren Herren am Tisch sitzen und mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit klarzukommen versuchen. (epd-film 12/2010)
Hof, hat Wim Wenders mal gesagt, heißt „Home Of Films“. In diesem Jahr gab das traditionsreiche Festival dem Nachwuchs und den Dokumentaristen eine Heimat
Von Rudolf Worschech
Man identifiziert die Hofer Filmtage immer mit dem Spielfilm, aber die Gewichte haben sich längst verschoben: in diesem Jahr machten Dokumentarfilme einen großen Teil des Programms, rund ein Drittel, aus. Als herausragend erwiesen sich zwei Filme, weil sie jeder auf seine Weise, insistierten. In „Feindberührung“ lässt Heike Bachelier zwei Männer nach einer längeren Zeit aufeinandertreffen. Der eine war in der DDR ein Rebell, glaubte zwar an den Marxismus, wollte das aber auch mit anderen diskutieren, in der Evangelischen Studentengemeinde in Magdeburg. Der andere war Mitarbeiter der Staatssicherheit, ein Spitzel, wenn auch aus Überzeugung – und der Freund des anderen. Bachelier lässt die beiden gegenseitig die Texte der Stasi vorlesen und darüber reden.
„Feindberührung“ ist nicht nur ein Ausflug in den Untergrund der DDR, sondern auch eine erstaunlich kluge Reflexion über Loyalität und Freundschaft. Denn die Berichte des IMS „Hans Kramer“ führten zu vielen Monaten Gefängnisaufenthalt, und es ist berührend, wie die beiden älteren Herren am Tisch sitzen und mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit klarzukommen versuchen. (epd-film 12/2010)
Lebenseinstellungen im Damals und im Heute
Ein Dokumentarfilm wie "Feindberührung" war schon lange überfällig. Denn bislang
hüllten sich die vielen ehemaligen Informellen Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für
Staatssicherheit der Ex-DDR konsequent in Schweigen; ein unhaltbarer Zustand für eine lebendige Demokratie und vor allem für die bespitzelten Opfer. Es gab wenigstens 200 000 politische Häftlinge in der DDR. Heike Bachelier ist es nun gelungen, in ihrem ersten dokumentarischen Film die gemeinsame Aufarbeitung der Vergangenheit eines Täters, Hartmut Rosinger, und eines Opfers, Peter Wulkau, zum Thema zu machen. Der Inhalt der bis ins letzte schmerzhafte Detail gehenden Aussprache ist ebenso sensationell wie die ruhige einfühlsame Form, in der dies geschehen ist.
Die Akten, die Rosinger mit großer Sorgfalt über Wulkau anfertigte, zerstörten dessen Leben und brachten ihn für Jahre in den unmenschlichen DDR-Strafvollzug. Warum Rosinger gleichwohl stolz war, der Staatssicherheit zu dienen, machen seine
Erzählungen klar. Überhaupt verstehen es beide, das Leben im Unrechtsstaat DDR zu erklären. Ein Höhepunkt des Filmdokuments ist, dass sich Rosinger bei Wulkau endlich entschuldigen kann. Von den 35 auf Wulkau angesetzten IM ist er bis heute der Einzige.
(Pit Fiedler Frankenpost 30/10/2010)
Ein Dokumentarfilm wie "Feindberührung" war schon lange überfällig. Denn bislang
hüllten sich die vielen ehemaligen Informellen Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für
Staatssicherheit der Ex-DDR konsequent in Schweigen; ein unhaltbarer Zustand für eine lebendige Demokratie und vor allem für die bespitzelten Opfer. Es gab wenigstens 200 000 politische Häftlinge in der DDR. Heike Bachelier ist es nun gelungen, in ihrem ersten dokumentarischen Film die gemeinsame Aufarbeitung der Vergangenheit eines Täters, Hartmut Rosinger, und eines Opfers, Peter Wulkau, zum Thema zu machen. Der Inhalt der bis ins letzte schmerzhafte Detail gehenden Aussprache ist ebenso sensationell wie die ruhige einfühlsame Form, in der dies geschehen ist.
Die Akten, die Rosinger mit großer Sorgfalt über Wulkau anfertigte, zerstörten dessen Leben und brachten ihn für Jahre in den unmenschlichen DDR-Strafvollzug. Warum Rosinger gleichwohl stolz war, der Staatssicherheit zu dienen, machen seine
Erzählungen klar. Überhaupt verstehen es beide, das Leben im Unrechtsstaat DDR zu erklären. Ein Höhepunkt des Filmdokuments ist, dass sich Rosinger bei Wulkau endlich entschuldigen kann. Von den 35 auf Wulkau angesetzten IM ist er bis heute der Einzige.
(Pit Fiedler Frankenpost 30/10/2010)
Gelebte Aufarbeitung
Heike Bachelier: Feindberührung. Dokumentarfilm (ZDF)
14.10.11 - Manfred Riepe, Funkkorrespondenz
Filmische Reflexionen der Stasi-Spitzelei gibt es eigentlich in Hülle und Fülle, der deutsche Kinofilm „Das Leben der Anderen“ wurde für die Aufarbeitung dieses Sujets sogar mit dem Oscar ausgezeichnet. Doch Heike Bachelier schlägt hier, methodisch und inhaltlich, ein neues Kapitel auf. In ihrem bemerkenswerten Dokumentarfilm „Feindberührung“, der im Auftrag der ZDF-Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“ entstand, führt die Regisseurin das Opfer einer solchen Bespitzelung und einen ehemaligen „Inoffiziellen Mitarbeiter“ (IM) der früheren DDR-Staatssicherheit an einem Tisch zusammen. Der Film ist über weite Strecken eine Art Kammerspiel. Anhand der vorliegenden Stasi-Akten spielen die Beteiligen ihre jeweiligen Rollen noch einmal detailgenau durch – und das hat es wirklich in sich.
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Heike Bachelier: Feindberührung. Dokumentarfilm (ZDF)
14.10.11 - Manfred Riepe, Funkkorrespondenz
Filmische Reflexionen der Stasi-Spitzelei gibt es eigentlich in Hülle und Fülle, der deutsche Kinofilm „Das Leben der Anderen“ wurde für die Aufarbeitung dieses Sujets sogar mit dem Oscar ausgezeichnet. Doch Heike Bachelier schlägt hier, methodisch und inhaltlich, ein neues Kapitel auf. In ihrem bemerkenswerten Dokumentarfilm „Feindberührung“, der im Auftrag der ZDF-Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“ entstand, führt die Regisseurin das Opfer einer solchen Bespitzelung und einen ehemaligen „Inoffiziellen Mitarbeiter“ (IM) der früheren DDR-Staatssicherheit an einem Tisch zusammen. Der Film ist über weite Strecken eine Art Kammerspiel. Anhand der vorliegenden Stasi-Akten spielen die Beteiligen ihre jeweiligen Rollen noch einmal detailgenau durch – und das hat es wirklich in sich.
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